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Und die Kübler-Ross hat doch recht

Vorgeschichte

Ein Kollege hat mir, als seine Mutter gestorben war, eine Broschüre über Sterben & Tod zum lesen gegeben. Diese Niederschrift von der berühmten Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross hätte ihn, in der Sterbebegleitung und in der Zeit zwischen Ableben und Beerdigung angenehm berührt. Ich habe dieses dünne Büchlein dann auch gelesen und es ist mir auch wunderbar eingefahren. Zart, schön, esoterisch, märchenhaft, romantisch – dem Frieden zu liebe.

Kübler-Ross schreibt von Energien, welche bei frisch Verstorbenen immer noch eine zeitlang vorhanden seien und dass deswegen der Leichnam über die Sinnesorgane nach wie vor  Wahrnehmungen generieren könne. Die Wellen der Sprache zB. dringen durch Ohr und Gehörgang ins Gehirn wo, zwar zunehmend schwindende, Rest-Energien dafür sorgen, dem Geist und der Seele Infos, Reize und Gefühle zuzuspielen.

Für Hinterbliebene eine Möglichkeit auch am Sarg noch eine «Kommunikation» zum Verstorbenen zu unterhalten – Frieden schliessen, danken, Versöhnung, Vergebung, Liebe bekunden, Trauer, Humor, Verabschiedung usw. Die Theorie von Kübler-Ross ist Seelsorge. Den Toten geht’s zwar am Arsch vorbei, aber den Angehörigen und Freunden hilfts beim weiterleben.

Anmerkung
– Kübler-Ross probierts wissenschaflich. Für mich ist es aber eh stinknormal, dass man einen Leichnam noch berühren, halten, streicheln, respektive ihm was sagen kann.
– schwieriger wird es beim Selbstmörder, der sich mit dem Sturmgewehr in den Mund schoss und der Kopf und das Gehirn wie Gekotztes an der Diele klebt. Wo die Einsarger den Angehörigen höchstens noch eine Hand zum berühren zumuten. Wo mag sich da wohl das Energie-Zentrum, die Schaltzentrale von Körper, Geist und Seele befinden, im Solarplexus oder im Knie? Und beim Kriegsopfer, wo man zum Einsargen nur Beine und Rumpf vorfindet? Ja nun, die kosmische Energie auf jeden Fall, ist auch in einer einzelnen Zehe allgegenwärtig und genau so in der Asche nach dem Krematorium.

Hauptgeschichte

Im Restaurant «Linde» Laupen, wo ich aufgewachsen bin, hatte ich eine Grossmutter, das Linde-Grosi. Sie war eine liebevolle, fleissige, strenge, eine stattliche Erscheinung und eine unregelmässige Kirchgängerin. In meinen jungen Jahren kam sie abends immer ans Bett zum Beten. Dann haben wir jeweils zusammen gesungen: «I köre äs Glöggli das lütet so nät, dr Tag isch vergange, jitz ga n’ig i ds Bett. im Bett tue n’ig bäte u schlafe de i, dr Liebgott im Himu wird wou bimer si.» Und was das Grosi auch immer noch sagte: «Nimm die Hände unter der Decke hervor!» und das war Befehl. Diese Aufforderung habe ich immer brav befolgt, im Wissen darum, dass wenn sie mein Zimmer verlassen hat, ich mit meinen Händen tun und lassen kann was mich gelüstet.

Das Linde-Grosi war noch ein paar Jahre Witfrau, bis sie dann altershalber, ganz natürlich, zu Hause im Familienkreis gestorben ist. Dann hat man sie eingesargt und in ihrem Zimmer noch drei Tage aufgebahrt. Das war normal, hatte man Jahre zuvor schon mit dem Grossvater so gemacht. Schöner Brauch, so kann man die Toten noch besuchen, sich zu ihnen setzen, sinnieren, meditieren, parlieren und lamentieren, sie berühren und die Zeit bis zur Beerdigung mit ihnen teilen.

Eines abends, unten im Restaurant war viel Betrieb und meine Eltern, Personal und Tante Trudi in der Küche hatten alle Hände voll zu tun, habe ich mir gesagt: «Ich weiss ja was ich zwischen meinen Beinen habe. Jetzt will ich wissen was das Grosi zwischen seinen Beinen hat – der Zeitpunkt ist günstig, sie wird sich meinem Vorhaben nicht wiedersetzen können.» So schlich ich in ihr Zimmer, wo der Sarg auf zwei Schemel in der Raummitte stand, so dass man darum herum gehen konnte. Grosi war schön zurechtgerichtet. Die langen grauen Haare wie immer zum Bürzi gesteckt, die Hände auf dem Bauch gefaltet, das Gesicht wegen fehlendem Gebiss eingefallen, die Augenhöhlen tief, die Haut bleich mit einem leichten Stich ins Blaue – drei Tage nach ihrem Ableben. So lag sie friedlich vor mir, im weissen Totenhemd und mit Blumen garniert. Der Geruch war eigenartig, ein Mix aus Verwesung und Schnittblumengärtnerei. Als ich sicher war, dass mich jetzt auch niemand überraschen wird, habe ich den Blumenschmuck beiseite geschoben, das Totenhemd, dass bis zu den Knöcheln langte, zurückgefaltet uns so ihren Unterleib entblösst. Das ging ganz praktisch, weil das Totenhemd nur eine Attrappe war und den Körper nicht rundum bekleidete. Dann habe ich ihre kalten und irgendwie steifen Oberschenkel auseinandergedrückt und die Sicht auf ihre Scheide freigemacht. Da lag er nun vor mir, dieser geheimnissvolle Schlitz, der dem sexuellen Spiel, dem Gebären (sie hatte vier Töchter geboren)  und dem Pissen gleichermassen dient. Ich war beeindruckt ab den grossen Schamlippen und unzähligen weiteren Falten und alles von schütterem grauen Haar umgeben. Und wie ich so über den Sarg gebeugt, voller Respekt und Vorsicht, zwischen den Schenkel meine Erkundigungen mache, höre ich plötzlich eine helle, zarte, ganz leise, aber sehrwohl verständliche Stimme und die sagte: «Marco, du Schlingel…», dann noch ein zweites mal: «Marco, du Schlingel…» , dann war wieder Totenstille…

und das ist der ultimative Beweis, dass Kübler-Ross mit ihrer Theorie, mit ihrer Aussage absolut recht hat – auch Tote können noch registrieren und wie das Grossmutti sogar noch quittieren

…ich war befriedigt und hatte gesehen, was ich sehen wollte. So habe ich das Totenhemd wieder zurechtgerichtet, die Blumen und die gefalteten Hände wieder ordentlich drapiert und das Zimmer verlassen. Um eine Erfahrung und um ein Geheimnis reicher und glücklich, die einst so strenge, gar prüde Grossmutter auf dem falschen Bein erwischt zu haben.

Nachgeschichte

Ich habe diese Geschichte mal einem Freund erzählt, worauf mich dieser total zusammenschiss, ich sei ein Leichenschänder und ein sexueller Perversling. Die Schelte war so heftig, dass ich erst am nächsten Tag merkte, wie ich hätte reagieren müssen, nähmlich ganz einfach. Eh ja, wäre ich damals an Grossmutters Sarg 22 Jahre alt gewesen, könnte man mir, von mir aus, diese Vorwürfe anhängen. Aber eben, als ich Grossmutter damals im Sarg besuchte war ich genau 13 Jahre alt, stand ganz am Anfang meiner Pubertät, machte erste erotische Erfahrungen und war gleichzeitig im Laupenwald noch mit Pfeil und Bogen als Indianer unterwegs. Also, Leichenschänder und Perversling greift absolut nicht. Im Gegenteil, da ist ein 13 jähriger Jüngling mit einer gesunden Portion Neugierde, mit entsprechender Fantasie und Thematik, mit Humor und Schalk, ohne Angst vor dem Tod, ohne Angst vor Moral, ohne Angst vor einem Liebgott im Himmel der mich abstrafen wird, und vorallem ohne Angst vor einer toten Grossmutter. Diese Geschichte ist sinnlich, ehrlich, liebevoll und voller Vitalität. Hätte der Filmemacher Federico Fellini um dieses Erlebnis gewusst, die Sequenz wäre in einem seiner Filme platziert worden.

Man kann mir jetzt noch vorwerfen, pervers sei aber, dass ich diese Anektote als 58 jähriger noch zum besten gebe. Das mag stimmen und genau deswegen erzähle ich sie ja – denn lieber pervers als tot.

Marco Morelli – Aktmodell

Seit ich 20 Jahre alt bin posiere ich in diversen Zeichnungs- und Malkursen als Modell. Vorwiegend für Akt und gelegentlich für Portrait oder figürlich.

Ich komme selber auch ein wenig vom Grafischen her, habe ich doch mal Fotolithograph erlernt und vor allem in jüngeren Jahren auch selber vermehrt auf Papier gestaltet. Zudem habe ich mutterseits einen Grossonkel, der Künstler Ernst Ruprecht aus Laupen. Ich habe ihn zwar nie kennengelernt, weil er relativ früh verstorben ist, aber in unserem Restaurant gabs viele Arbeiten von Ruprecht, in der Gaststube und überall im Haus. Aquarelle, Lithos, Zeichnungen, Linoldrucke, Stiche, Entwürfe usw. Grössere Oelbilder zierten das damalige Amtsgericht und hangen noch heute in der Gemeindeverwaltung von Laupen. Zudem hat er im alten Schulhaus Wandmalereien gefertigt, Brunnenfiguren entworfen, die Holzmasken vom Silvesterbrauch «Achetringele» desingt, Illustrationen etc. gemacht und vor allem mit den Plakaten für die damaligen internationalen Motorrad- und Autorennen von Bern weit über die Kantonsgrenze hinaus Bekanntheit erlangt. Ich bin sozusagen ein wenig um bildende Kunst herum aufgewachsen.

Als ich nach der Lehre, als zwanzigjähriger in die Stadt zog und mich für dieses Künstler-Komödianten-Freak-Leben entschied, habe ich bald mal gemerkt, dass Aktmodell auch eine Verdienstquelle sein kann. Als Junggeselle war’s gutes Giletgeld, jetzt ist es nur noch Giletgeld und ich mach’s immer noch – weil ich’s gerne mache und weil Giletgeld auch Geld ist.

Früher hies es mal Kunstgewerbeschule, später Schule für Gestaltung und dann kam noch die Hochschule dazu. So habe ich an dieser Ausbildungsstätte mehrere Umbrüche erlebt (nicht nur zum Guten) und altershalber auch ein paar namhafte Lehrer überlebt.
Vor den ganzen Ausbildungs-Umbrüchen hatten die Zeichnungslehrer-Seminaristen, die Grafikfachklässler und die Vorkürsler mehrere Semester Akt schier als Pflichtfach. Heute besuchen sie Module. Offenbar hat Akt nicht mehr die Bedeutung wie auch schon. Schade!

Die Freikurse sind in all den Jahren unterschiedlich gut besucht, vielleicht manchmal mehr oder eben weniger en Vogue. Interessant ist aber, dass es vermehrt freie Gruppen gibt, die Räume organisieren und Modelle engagieren. Zum Teil auch junge Grafiker, die ihren Alltag ja vorwiegend am Mac verbringen, wollen plötzlich wieder am lebenden Modell üben und kreieren.

Füdleblutt vor ganzen Klassen posieren muss was exhibitionistisches haben. (Hätte ich nichts exhibitionistisches, wäre ich, wie einst vorgesehen, vielleicht Grafiker und nicht Entertainer geworden.) So gesehen könnte man aber die Zeichner als Voyeure bezeichnen. (Exhibitionist oder Voyeur, Morphinist oder Blaukreuzler – mir ist es egal, jedem das seine.)
In jungen Jahren aber  war es schon auch ein Bedürfnis, mich nackt zu zeigen – etwas zu machen, dass offenbar viele nicht können. (andere gingen Leichen waschen und das kann auch nicht jeder) Ich meine das nicht wertend und ich bin sexuell nicht befreiter als andere, nur weil ich fürs posieren keine Hemmungen habe. Ich habe es einfach genossen, dass die mich anschauen mussten und ich konnte über die Blickkontakte Macht ausüben, konnte irritieren und ihnen länger in die Augen schauen, als sie mir. Ich zwar nackt und verletzlich, sie angezogen und geschützt und notabene alles im Kontext mit der gängigen Moral, Scham und normalen Hemmungen. (Gottlob haben wir Menschen Schamgefühle, sonst wären wir ja Affen) Aber eben, ich immer irgendwie dominant und am Schluss gabs noch Geld. Wunderbar. Und die hängen mich dann zum Teil noch gerahmt auf, super – ein Narziss halt.

Nie aber war es für mich irgend eine Form von esoterischer Selbsterfahrung. Nein, Gott verschon mich. Geldverdienst, Vergnügen und gestalten, dass war der Antrieb. Es war immer, wie Hörspiele sprechen, ein Nebengeleis meiner Theatertätigkeit. Mein komödiantisches, artistisches und dramaturgisches Flair kommt mir bestimmt zu Gute. So habe ich natürlich Spass an Kursen mit vielen kurzen Posen. Es ist zwar nicht Ausdruckstanz, weil’s eben einzelne Stellungen sind. Als Mime kann ich aber mit verschiedenen Posen eine grosse Bandbreite fahren, kann mit meinem Körper still, laut, schüchtern, komisch, frech, skuril, artistisch und vieles mehr sein und im Gesicht bin ich immer irgendwie neutral oder zumindest dezent. Es geht ja auch nicht um Portrait und Gesichtsmimik – nein, die Zeichner, Maler, Plastiker und Schüler sollen sich an meinem ganzkörperlichen Ausdruck üben, an Proportionen, an der muskulären Plastizität, am Knochengestell, überdies an verschiedenen Techniken inklusive Bildgestaltung, je nach Kurs und Lehrer.

Es gab eine Zeit, da war an der Schule genügend Modellgeld vorhanden, so dass man zuweilen auch zu zweit stehen konnte. Ich bin mit verschiedenen Frauen und Männer gestanden und das hat auch immer Spass gemacht. Zu zweit öffnen sich noch mehr Ausdrucksmöglichkeiten, von zärtlicher Umarmung bis hin zum abstrakten Körperhaufen, es kommt eine Dimension mehr dazu: Das Du.

Mich interessiert was ich stehe, darum interessiert mich auch was die anderen auf’s Papier bringen. In den Malklassen gehts manchmal frei und wild zu, so dass ich das Gefühl habe, dass es mich eigentlich gar nicht braucht. Das stimmt natürlich nicht, denn meine Expression beeinflust alleweil auch ihr schaffen. Aber ich stehe schon gerne bei Zeichner und Illustratoren, respektive liebe diese Techniken. Nein, habe selbverständlich auch Arbeiten mit Pinsel und Farbe gerne.

Was wurde ich in all diesen Jahren von irgendwelchen Männer immer wieder gefragt, ob ich da nie einen steiffen Schwanz bekomme? Nein, auch zu zweit nicht.
Gut, in jungen Jahren musste ich mich manchmal ablenken, denn der Blick vom Podest herunter beschert zuweilen manch einladende Decoltées – und die Zeit – und die Fantasie – jessesgott, hätte ich mich geschämt, heute wärs mir egal. Nein Spass beiseite, ich bin Aktmodell und nicht Pornodarsteller. Als Pornodarsteller wäre ich zwar auch Schauspieler und Gestalter, würde Viagra schlucken und vorallem besser verdienen – eh ja, vielleicht im nächsten Leben…

Ich will als Modell interessant sein, fordere mich zuweilen physisch arg heraus und manchmal ist es richtiggehende Knochenarbeit. Mit zunehmendem Alter muss ich jedoch akzeptieren, dass ich über den Zenith bin und meinem Körper längst nicht mehr das zumuten kann wie einst im Mai. Ich habe kein ästhetisches Psychoproblem und frage mich trotzdem plötzlich, ob ich den alten Sack noch lange zur Schau stellen will, aber warum eigentlich nicht?

Ich hatte nie spezielle Rituale, wie zB. mich in der Garderobe ausziehen, mich in den Bademantel stürzen, mich vor den Anwesenden entblössen und dann heilig und fantasielos posieren. Nein, für mich ist es halt wie auf die Baustelle, oder in die Werkstätte gehen: Alltagskleider ab – Adamskostüm an und schaffen – fertig schluss! Ueberdies Genuss am Darstellen und Freude an guten, interessanten Arbeiten.

Manchmal setzte ich Requisiten ein, Kasperlifiguren, Kleidungsstücke, Schwimmflossen usw. Diese Accessoires sollen zwar nicht dominieren, schliesslich gehts um Akt, können aber sehr wohl Posen interessant machen  und eine spezielle Spannung, Witz oder Inhalt erzeugen – zB. nackter Mann mit Teddybär…theäterlen halt.

Posieren hat mitgeholfen, mir mein Körperbewusstsein zu schulen. Bei schwierigen, mehrminütigen Stellungen gelingt mir manchmal, einen gestressten Muskel zu entlasten dafür einen anderen mehr zu beschäftigen. Muskelarbeit umverteilen, ohne dass sich dabei die Expression verändert. Oder wie beim Yoga die Atmung bewusst einsetzen, auf dass ich die Position über die gewünschte Zeit noch halten kann.

Oft überlege ich mir während einer Pose was ich als nächstes mache. Ueber all die Jahren haben sich halt auch Standards ergeben, die ich immer wieder mal aus dem Repertoir abrufe. Manchmal lass ich mich treiben und es entstehen neue Sachen, oder die Zeichner / Lehrer haben Wünsche, didaktische wie zB. Standbein – Spielbein, Verkürzungen usw. Aber eigentlich bin ich frei und kann machen was mich gelüstet.

Aktkurse haben manchmal  trotz Gruppen-Werkstatt-Stimmung etwas erotisches. Ein einziges mal bin ich in dieser langen Tätigkeit, gleich eine halbe Stunde nach Kursende mit einer jungen Frau, offenbar von der Ambiente angetörnt, in ihrem Bett gelandet. Ein einziges mal und das ist lange her – und sowieso zu wenig…

Oft bin ich ein wenig bekifft. Das passt zur Ruhe, zum schier meditativen. Einmal aber, habe ich aus einer unbedachten Laune heraus, um Mitternacht einen LSD-Trip geschluckt und erst danach gemerkt, dass ich, verdammt noch mal, frühmorgens um 8 Uhr einen Termin habe. Das war dann buchstäblich der nackte Wahnsinn. 4 Lektionen lang einminütige Stellungen und ich immer noch voll auf Trip. Es hatte zwar niemand etwas bemerkt, ich aber bewegte mich am körperlichen Limit und vorallem am totalen seelischen Abgrund.

Einmal hat ein junger Schüler sich dauernd über Pickel an meinem Hintern lustig gemacht, offenbar wollte er sich bei seiner Nachbarin interessant machen. Als es mir zu bunt wurde, habe ich gesagt, dass entweder er oder ich den Saal verlasse. Dass er gehen musste war klar und Jahre danach hat er sich bei mir entschuldigt. Ein, zweimal war ich aber auch eitel genug, mir am jungen Arsch Pickel zu überschminken.

Ein Lehrer hat mich mal gefragt, ob ich im gleich anschliessenden Kurs bereit wäre, mit Herr X zusammen noch eine halbe Stunde lang zu zweit zu stehen. Ich sagte zu und Herr X war auch einverstanden. Herr X war ein älterer, schlaksiger Mann, war früher mal Ballett-Tänzer, später Vertreter und dann hat er sich buchstäblich zwischen München, Paris und Mailand Modell-Termine an Schulen und Akademien aufgebaut. So war er ständig mit dem Zug und ein paar Habseligkeiten in Plastiksäcken unterwegs. Eine Erscheinung wie ein Clochard und so hat der auch gestunken, grauenhaft und abgefackt. Erst hat er ein paar Stellungen alleine gemacht, so klassisch-griechische Posen wie der Speerwerfer, der Diskuswerfer usw. An sowas hatte ich kein Interesse und als ich dazu stiess, habe ich ihn gleich innig und fest umarmt. Er war überrascht, hat sich ein wenig dagegen gestemmt und schlussendlich mitgemacht und das war alleweil interessant: Ein junger Körper und ein alter Körper – und ich habe eine halbe Stunde lang durch den Mund geatmet und ging mich anschliessend duschen. Was man nicht alles so macht für die Kunst…

Alles in allem: Akt zeichnen, malen oder modellieren ist absolut sinnlichstes Gestalten und schult das Auge.

Hommage an Ruedi Zutter

Der Bildermacher Mark Dickerhof war früher  mal Gitarrist an der Seite vom Violonist Ruedi Zutter. Ihm hat er vor geraumer Zeit einen «elektronischen Grabstein» gebaut und diese Seite möchte ich wärmstens empfehlen.

So um die 80er Jahre wurde der Büezer Ruedi Zutter aus Kriechenwil bei Laupen, mit seiner alten, als Rentner wiederentdeckten Liebe der Geige, Bestandteil der Berner Musikanten-Scene. Viele mitlerweilen selber in die Jahre gekommenen Musiker haben damals an der Seite von Ruedi, im «Trio Notturno» mitgegroovt und so unzählige Fester, Beizen und Strassen bereichert.

Auf  dieser Seite möchte ich speziell und eitel wie ich bin, auf meinen Gitarren-Song «Ruedis Hommage» hinweisen. Ganz einfach: «wius äs huereschöns Lied isch…»

Hier der Link: http://trionotturno.blogspot.com

Blog / Facebook / Twitter usw.

Warum ich blöge und nicht bloge. Nicht weil ich Antworten auf meine grosse Klappe scheue, sondern weil ich die Zeit nicht mit Hin & Her-schreibelen vergeuden will und dabei noch das Gefühl hege, ich nähme an wichtigen Dingen teil und pflege den demokratischen Prozess.

Warum ich nicht twittere. Weil ich, zumindest mit einem Auge, in diesen Diskussions-Schmarren reinsehe und mich hüten möchte auf solch einsames Kommunizieren zu setzen.

Warum ich nicht facebookle. Weil ich nicht irgendwelche anonymen Idioten zu meinen Freunden zählen will.

Warum ich nicht solche Community-Platttttformen benütze. Weil mir diese Pseudo-Kommunikation zu wieder läuft. Weil ich meine Meinung lieber im öffentlichen Raum kundtue, somit auf richtige Zustimmung stosse oder echt und wahrhaftig gemassregelt werde.

Die Community Benützer geben zwar ihr Konterfei preis, was natürlich eine absolute Lüge ist. Sie verstecken sich doch allesamt im Internet und geben ihre Augen nicht preis, auch nicht ihren Körpergeruch, auch nicht den Schweiss auf den Oberlippen, geschweige denn andere  natürliche, menschliche Regungen und Reaktionen. Aber mit Halbwissen, mit Amateurjournalismus, mit Zynismus und sonstigem Blablabla losbreschen und Banalitäten dramatisieren. Ich behaupte: Viele dieser Benutzer sind nicht fähig dem Nachbar Arschloch auszuteilen weil sie seine unmittelbare, verbindliche Antwort scheuen und manch einer ist zudem noch Opfer von seinem hochgelobten Medium.
Eh ja, das Leben ist nicht einfach und Einsamkeit ist allgegenwärtig und manch einer ist selber schuld.

Und wenn schon Suchtverhalten im Internet stillen, ja dann lieber Porno. Da spritzt es wenigstens und wirbelt nicht bloss unverbindlichen Staub auf.

Eh ja,…

D’Versuechige versueche mi zum Versueche z’bewege.
Wenn’is mache hätt’i ä Gwinn, wenn ig druf verzichte han’i o eine.

Eh ja,

im Früelig verchoufe ig Hass & Waffe, im Herbscht Prothese, Särg & Wiederufbouhilf u im Winter schpände ig für armi Chriegsopfer. Gottverdami, jitz söu eine no säge i sigi nid beseelt, i sigi blos Stoffwechselprozess.

Eh ja,

i bi dr Tüfel u dr Aengel Gabriel in Personalunion. Hüt hou dir eine uf d’Schnurre, aber pflege würd’di de morn.

Eh ja,

Zehnsam, Neunsam, Achtsam, Siebensam, Sechsam, Fünfsam, Viersam, Dreisam, Zweisam, Einsam.

Eh ja,

wenn’ig mau tod bi, weiss ig de über vieles meh u we dir denn Frage heit, chöit dir euch säubverschtändlich a mi wände.   We dir mi jitz aber fraget, wie de das söu funktioniere, wenn ig ja de scho tod sig? De chan’ig nume säge: ä chli dänke müesst dir scho o no säuber.

Eh ja,

wo vor Jahre mi Muetter isch gschtorbe, han’ig so dänkt: Bravo Mammi, du bisch am Ziel acho u mir schtrample üs no a dr Bärgetappe ab u die Glöibige hei ds’Gfüeu äs gäb de no Bärgprise.

Eh ja,

nüt isch nid nüt. We nüt nüt wär, de wär nüt ja nüt. Aber nüt gits, süsch gäbts ds Wort nüt ja o nid. U därum isch nachem Tod nid eifach nüt sondern äbe nüt.

Eh ja,

grüss Gott ist schneller gesagt als getan.